Das historische Bauhaus war gerade durch die „Meister“-Persönlichkeit Oskar Schlemmer sowohl in Weimar, als auch verstärkt in Dessau für damals neue Formen von Tanz, Bühnenaktionen, Bühnenmechanik, Publikationen und über den Direktor Walter Gropius auch zu Theaterarchitekturentwürfen tätig.
Mit Schließung des Bauhauses 1933 waren diese Entwicklungen unterbrochen und wurden von den Protagonisten der historischen Periode nicht oder nur sehr versteckt und spärlich weitergeführt. 1969 anlässlich der ersten großen Ausstellung zu 50 Jahre Bauhaus setzt auch eine Wiederbeschäftigung und teilweise Wiederbelebung der Bühnenideen aus den zwanziger Jahren ein.
Seit 1987 widmete sich das Düsseldorfer THEATER DER KLÄNGE immer wieder dieser Form von Aneignung der historischen Konzepte (meistens nur in Fotos, Skizzen und Beschreibungen vorhanden) und der Neuinterpretation, resp. Weiterführung dieser Ideen. Die ersten beiden Arbeiten des THEATERs DER KLÄNGE waren Neuinszenierungen des „mechanischen Balletts“, einer studentischen Idee aus dem Jahr 1923, sowie die Erstrealisation der von Laszlo Moholy-Nagy im Buch „Die Bühne im Bauhaus“ skizzierten „mechanischen Exzentrik“.
Fortgeführt wurde diese Aneignung und Neuinterpretation von historischen Entwürfen mit dem „triadischen Ballett“ 2014/15 und aktuell mit dem „Lackballett“, welches auf Skizzen und Fotos von Oskar Schlemmer aus dem Jahr 1942 basiert.
Aber auch die theoretischen Ansätze gerade von Oskar Schlemmer waren Ausgangspunkt für eine ganze Linie an Weiterführungen in aktuellen Produktionen des THEATERs DER KLÄNGE seit 1993. Schlemmers schriftliche Essays zu „Figur im Raum“ oder „Mensch und Kunstfigur“ führten zur Produktion „Figur und Klang im Raum“ des THEATERs DER KLÄNGE im Jahr 1992/93, realisiert in Kooperation mit der Stiftung Bauhaus Dessau. Die Weiterführung der Ideen von Oskar Schlemmer war vor allem in einer von uns entwickelten elektronisch, sensorisierten Bühne zu finden, in der der auf einer Bühne agierende sich bewegende Mensch zum Auslöser und Modulierer von Klang und Bewegtbild-Szenografie im Bühnenund Theaterraum wird. Dieser Ansatz lässt sich mit dem Menschenbild von Oskar Schlemmer so benennen: dass der Bühnenraum so lange tot und inaktiv ist, so lange sich kein Mensch in diesen Raum bewegt. Bewegt sich aber ein Mensch in diesen Raum, wird er gleichzeitig zum Bild- und Klanggeber, sowie zum steuernd, spielenden Akteur von Klang und Bewegtbild in diesem Aktionsraum in Form von durch Bewegung gesteuerter elektronischer Musik und durch Bewegung gesteuerter Video-Szenografie.
In der Nachfolge von „Figur und Klang im Raum“ entstanden sukzessive die auf dem gleichen Grundsatz basierenden, aber technisch, choreografisch und inszenatorisch immer weiter entwickelten Stücke „Modulator“ (2003), „HOEReografien“ (2005), „SUITE intermediale (2011) und zuletzt „CODA“ (2014). Die aktuelle Produktion „Das Lackballett“ (Premiere 2019) verbindet den ersten Ansatz der Aneignung von historischen Originalentwürfen mit der elektronisch-inszenatorischen Weiterführung unseres intermedialen Ansatzes.
Das THEATER DER KLÄNGE war gerade durch seine Beschäftigung mit der historischen Bauhausbühne mehrfach nach Weimar zu Gastspielen eingeladen. Eine erste Begegnung in diesem Kontext gab es schon 1989 (noch zu DDR-Zeiten), als „Die mechanische Bauhausbühne“ erstmalig im Deutschen Nationaltheater Weimar gastierte. Aus dieser Zeit resultiert auch eine Künstlerfreundschaft mit den Betreibern des Kunstvereins ACC-Weimar, die sich 1989 noch im subversivem Stadium in einem besetzten Haus in Weimar befanden.
Anläßlich von 100 Jahre Bauhaus bietet sich nun die Gelegenheit diese Verbindung von Düsseldorf zu Weimar in und in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein ACC-Weimar in einer Ausstellung konkret zu verbinden.
Dazu ist in allen Räumlichkeiten des ACC-Kunstvereins eine szenografisch-auditive Ausstellung geplant, die sich mit den Originalen, den Aneignungen und Weiterführungen des THEATERs DER KLÄNGE zu den Bauhausbühnenideen und Schriften beschäftigt.
Bild: Kürschner, Theatermuseum Düsseldorf, Oktober 2016, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons