Das Opfer
„Das Frühlingsopfer – Die Dynamik der Gewalt“ war der Titel unserer 1999er Produktion mit der wir eine neue Richtung für das THEATER DER KLÄNGE einschlugen.
Igor Strawinsky komponierte zwischen 1911 und 1913 sein „Le Sacre du Printemps“ für die „Ballets russes“. Die Uraufführung 1913 in Paris geriet zum Skandal. Grund dafür war die damals unbekannte künstlerische Umsetzung von Brutalität und Gewalt auf der musikalischen und Primitivität auf der tänzerischen Ebene.
Aber das alleine können nicht nur die Ursachen für den Widerspruch gewesen sein. Ein Jahr vor Ausbruch des ersten Weltkriegs gab es wohl auch ein kollektives Gespür für die Möglichkeit, daß die lange Friedensperiode der „Belle epoque“ bald ein brutales, eruptives, barbarisches Ende finden könnte.
Auch heute konstatiert der Gewaltforscher Wolfgang Sofsky, daß die heute zunehmend wahrnehmbaren Formen von Gewalt wieder archaischen, fast rituellen Charakter haben.
„Der Schlächter hält sich nicht an die Ökonomie des Tötens. Er will spüren, was er tut. Deshalb martert und verstümmelt er seine Opfer. Er tötet im Kollektiv. Gewalt gilt als Beweis seiner Zugehörigkeit. – Der Sinn des Exzesses ist die Tat selbst: das Blutfest. Die Mörder hetzen sich gegenseitig zum Töten auf“
(Wolfgang Sofsky in „Die Zeit“ 15/98).
Strawinsky hat in seinem „Frühlingsopfer“ diesen rituellen Prozess des Blutopfers beschrieben.
„… überkam mich eines Tages die Vision einer großen heidnischen Feier: alte weise Männer sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Mädchens zu, das geopfert werden soll…“
Das Thema war gerade 1999 vor dem Hintergrund des in Europa wütenden Kosovo-Krieges aktuell. Es galt eine Umsetzung für diese, unsere Zeit zu finden:
Die Musik von Igor Strawinsky wurde dabei zu Anfang original in seiner Fassung für Klavier für 4 Hände für einen kunstvoll von Joachim Schlömer choreografierten Solotanz gespielt. Diese Solotanz-Kunstdarbietung vor Bildern von Francis Bacon wird jäh unterbrochen von Tätern, die diese Veranstaltung „überfallen“ und sich die „Jungfrau“ in Gestalt der Solo-Tänzerin als Opfer auswählen.
Der Schändungsprozeß der Kulturdarbietung, schändet die Protagonisten auf der Bühne (Pianisten und Tänzerin), im Publikum, wie auch die Musik Strawinskys. Diese wird in einer Tecno-Musikbearbeitung lautstark weitergeführt. Erst als das Opfer ausgewählt ist und man sich an das Ritual des „kollektiven martern und verstümmelns“ (Sofsky) macht, erklingt die Musik aus den Lautsprechern in Form der von Strawinsky selbst eingespielten und damit durch ihn fixierten Orchesterfassung von 1960.
Das Stück stellt im Schaffen des Theater der Klänge sowohl vom Thema, wie von der formalen Umsetzung eine Ausnahme dar. Es ist das einzige Stück, welches in Form eines Aktionstheaters inszeniert wurde und welches komplett auf der fertigen Musik eines namhaften Komponisten basiert. Es markierte im 12. Jahr der Existenz des THEATERs DER KLÄNGE einen Umbruch in eine andere künstlerische Richtung, welche sich im Diskurs mit zeitgenössischen Theater- und Tanztendenzen versteht und diesen auf unterschiedlichste Weise insbesondere in den folgenden collagierten und interaktiv-intermedialen Stücken weiterführte.
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Werden Sie zum Patron einer Organisation, die künstlerisch tätigen Menschen einen Arbeitsraum bietet. Genau das ist das THEATER DER KLÄNGE seit 33 Jahren:
Da wir jedes Jahr erneut Kunstwerke schaffende Menschen (Kreative) fast aller Altersgruppen in Düsseldorf versammeln, um jeweils ein neues Werk der darstellenden Kunst gemeinsam zu erarbeiten, bietet das THEATER DER KLÄNGE diesen Raum.
Der öffentlichen Hand ist dieser Werkraum jedes Jahr eine Unterstützung aus Steuermitteln wert, so dass wir immer wieder in der Lage waren jährlich ca. 10 Personen zeitweise Honorare zu zahlen, damit sie in dieser Zeit von der im und für das THEATER DER KLÄNGE geleisteten Arbeit leben konnten.
Dieses Geld reichte auch, um die notwendige Organisation und Sichtbarmachung dieser Arbeiten soweit zu finanzieren, dass eine Person in Teilzeit-Festanstellung und einige Weitere mit freien Honoraren und Löhnen dafür engagiert werden konnten.
Nichtsdestotrotz waren und sind wir weit entfernt von den gesicherten bürgerlichen Stätten der Hochkultur in denen reguläre Gehälter, Festengagements und Jahresverträge üblich sind. Auch im einundzwanzigsten Jahrhundert sind freie Theater immer noch eher vogelfrei oder frei gelassen…
In Rom übten Patrizier Patronate aus für Freigelassene oder Schutzbefohlene. Die Bezeichnung „Patron“ steht auch für: Schutzherr, Schirmherr, Förderer oder Bürge! (auch wenn hier Herr steht, gab es zu fast allen Zeiten immer auch Damen die schützten, beschirmten, förderten oder bürgten!)
Auf genau diese Patrone – im Doppelsinn auch als Waffe – gegen unbillige Juryentscheidungen oder staatliche Rückzüge aus der Kultur sind wir in Zukunft mehr denn je angewiesen, wie man am Stellenwert von Kultur angesichts der aktuellen Krise sehen kann.
Sollte Ihnen, als an Kultur interessiertem Bürger, etwas am dauerhaften Erhalt einer kreativen Brutstätte wie dem THEATER DER KLÄNGE liegen, dann werden Sie unser Patron oder unsere Patronin!
Ein Monatsabo bei einem kommerziellen Fernsehsender kostet gut 10.- €, die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio mindestens 15.- € im Monat, ein Handyvertrag mtl. um die 25.- €, ein Tageszeitungsabo gut 30.- € usw.. Die dahinter stehenden Firmen können hunderte von Menschen dadurch zum Teil sogar sehr gut finanzieren, da es genügend Abonnenten gibt, denen die Leistungen und Angebote dieser Firmen diese monatlichen Beträge wert sind. Wenn Sie also Kultur als Lebensmittel begreifen – denn der Mensch lebt eben nicht nur vom Brot allein – dann sollten Ihnen die Arbeiten und die Produkte von Kreativen auch ein Monatsabo wert sein, oder?
Da das THEATER DER KLÄNGE kein Haus ist und somit kein klassisches Abo mit vier Tickets im Jahr anbieten kann, benötigen wir Abonnenten unserer Arbeit im Sinne der oben definierten Patronage.
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Wir hoffen mit diesem Modell, ohne fördernde Mitgliedschaften in einem Verein oder über Einmalspenden hinaus, zu einem Unterstützernetzwerk für unsere Arbeit zu kommen, welches unsere Grundfinanzierung über die öffentlichen Förderungen hinaus sichert. Und wer weiß: vielleicht summieren sich diese Patronagen sogar soweit, dass wir unseren Organisatoren und unseren Kreativen in Zukunft mehr bieten können, als Teilzeit-Anstellungen oder befristete Werkverträge?