Ausgehend von den systematischen Bühnen-Versuchen Oskar Schlemmers in den zwanziger Jahren am Bauhaus, ging das Theater der Klänge mit „Figur und Klang im Raum“ ein Theater-Forschungsprojekt an, welches sich mit den „Bühnengesetzen“ von Darstellung, Raum und Klang beschäftigt.
Oskar Schlemmer hat sich am Dessauer Bauhaus insbesondere in den Jahren von 1925 bis 1928 systematisch mit einer „Grammatik der formalen Bühnenelemente“ beschäftigt, welche in mehrere „kleine Bauhaus-Tänze“ mündeten. Obwohl es zu den meisten Stücken Schlemmers eine Musik gab, wurde seinerzeit jedoch auf eine systematische Erforschung der Gesetze von Klang im (Theater-) Raum verzichtet, da sich kein kooperierender Komponist fand und Schlemmer selbst weder Komponist, noch Sprachregisseur war.
Das Theater der Klänge beschäftigte sich 1992/93 zunächst mit Oskar Schlemmers Theorie von „Mensch und Figur im Raum“ und eignete sich die Ergebnisse seiner diesbezüglichen Theaterversuche zum Teil praktisch an. Parallel dazu wurde eine prototypische elektronische Installation von Mikrophonen, Lichtschranken und Ultraschallsensoren, die der Komponist Thomas Neuhaus für das Theater der Klänge entworfen hatte, in den Probenprozess integriert. Diese Installation ermöglicht eine direkte Steuerung von elektronischer Musik und Licht durch das akustische und bewegte Geschehen auf der Bühne, also durch die Darsteller selbst.
„Polyphone, szenische Bühnenkomposition“ meint dabei die zeitliche Gestaltung mehrschichtiger Abläufe im Theaterraum. Die verschiedensten Theaterelemente wie Licht, Klang, Bewegung, Farbe, Gestik und Mimik werden als Einzelparameter verstanden und werden so aufeinander bezogen komponiert, daß erst die Summe der Parameter das Theaterereignis in der Zeit schafft.
Das Stück entstand in Koproduktion mit dem Bauhaus Dessau. Es erwies sich, insbesondere durch den damals vergleichsweise hohen technischen Aufwand, als sehr schwerfällig in der Probenrealisation, weswegen das Theater der Klänge diesen Weg nach 1993 zunächst für 7 Jahre nicht fortsetzte, sondern sich wieder „traditionelleren“ Theatermitteln zuwandte. Nicht desto trotz erlebte „Figur und Klang im Raum“ insgesamt 32 Aufführungen in 8 Städten im In- und Ausland und war in einer überarbeiteten Fassung zusammen mit dem „mechanischen Ballett“ von 1994 bis 1998 Bestandteil des Doppelprogramms „Tanz am Bauhaus“, welches ebenfalls Gastspiele in Belgien, Frankreich und Israel erlebte.
Im Jahr 2000 mündeten Überlegungen zur Wiederaufnahme von „Figur und Klang im Raum“ in ein 3-Personen-Stück namens „Manifest“, welches über 5 Entwicklungsjahre hinweg über die Produktionen „Megalopolis“ und „Modul|a|t|o|r“ zum interaktiv, intermedialen Forschungsprojekt PCI – HOEReographien im Jahr 2005 mündete. Der entwickelte Ansatz wurde über die HOEReographien SUITE (2009) zur SUITE intermediale (2010) weiterentwickelt und war zuletzt partiell Bestandteil von szenischer Interaktion in der Produktion VANITAS (2012), CODA (2014) und Das Lackballett (2019).
Der Mitschnitt vom 24. November 1997 zeigt die überarbeitete zweite Fassung dieses Stücks in einer Aufführung im kleinen Haus des Düsseldorfer Schauspielhauses.